Miami for Business
Es herrscht kaum Verkehr auf der Autobahn in Richtung Atlantik, vor mir erhebt sich die Skyline von Miami und die Luft ist angenehm warm. Ich geniesse die Fahrt im offenen Cabrio und fühle mich wie im Film. Besonders hier, denn es sieht auch noch alles wie eine Kulisse aus.
Die Freude hält nicht lange an, denn am Ende der Mautstrasse beginnt dichter Verkehr. Von Ampel zu Ampel schiebe ich mich weiter zu meinem Hotel in South Beach.
Unter einem Sonnenschirm warten zwei Boys darauf, sich um mein Auto zu kümmern. Wie bitte $44 pro Tag? Es ist mir zu viel, ich rolle weiter und parke an der Straße. An der Parkuhr sind $3 pro Stunde fällig. Ich zahle für 3 Stunden und schwöre mir, den Mietwagen gleich morgen früh wieder zurückzugeben.
South Beach
Am frühen Abend ist South Beach wie ausgestorben, außer Apartmentblocks, Hotels und einer der schier unzähligen Filialen von Starbucks gibt es hier nichts. Auch wenn ein unangenehm kalter Wind vom Meer durch die Straßen pfeift, möchte ich nicht für ein überteuertes Kaffeegetränk Schlange stehen.
Ein paar Querstraßen weiter finde ich einen Supermarkt und kaufe ein paar Flaschen Bier, eine Gallone Wasser und Teebeutel. Das Hochgefühl von vorhin ist komplett verflogen, als ich mich damit in mein Hotelzimmer zurückziehe.
Immerhin bin ich nicht zum Spaß hier. Vor einigen Tagen wurde meine neue US Gesellschaft in Florida gegründet und ich bin nach Miami gekommen, um ein Bankkonto zu eröffnen. Das lässt sich, im Gegensatz zu allem anderen, nicht online erledigen. Leider fehlt mir noch die Steuernummer der Firma. Durch den Regierungs Stillstand hat sich bei den Behörden viel Arbeit angestaut und es wird wohl noch ein paar Tage dauern…
Ocean Drive
Der Wind pfeift noch immer, als ich früh morgens zum Strand gehe. Zwischen den hier gestapelten Sonnenliegen haben Obdachlose Schutz gesucht. Auch unter den Häuschen der Strandwächter schlafen noch einige.
Ein einsamer Angler und ich, sonst beobachtet niemand das Schauspiel des Sonnenaufgangs über dem Atlantik. Ich laufe, bis zu den Knöcheln im Wasser, Richtung Süden. Das Meer ist angenehm warm, der Wind flaut etwas ab und die Sonnenstrahlen gewinnen an Kraft. Ein schöner Morgen.
Parallel zum Strand verläuft ein kilometerlanger Holzsteg, so langsam tauchen dort die ersten Jogger auf. Es sind fast nur durchtrainierte, bärtige Männer mit freiem Oberkörper. Die wenigen Frauen laufen eher gemächlich und miteinander schwätzend.
Auf dem Ocean Drive öffnen die Restaurants zum Frühstück, ich setze mich in eines davon und beobachte, wie sich die Straße mit Touristen füllt. Miami Beach erwacht zum Leben. Später besuche ich ein paar Immobilienbüros und studiere deren Angebote.
Einige der zum Verkauf stehenden Wohnungen sind in renovierten Gebäuden aus den 1940er Jahren und verfügen über die begehrte Lizenz zur Kurzzeitvermietung. Sie sind teuer. Unter $500.000 finden sich zumeist Angebote in den unzähligen tristen Apartmenthäusern aus den 1970ern und 1980ern, die sich von hier aus meilenweit in Richtung Norden aneinander reihen.
Ich bleibe vor der ehemaligen Villa des Modeschöpfers Gianni Versace stehen. Sie beherbergt jetzt ein Hotel und sieht aus wie eine florentinische Villa, der König Ludwig ein mittelalterliches Burgtor spendiert hat. Innen ist das Ding im Stil einer mexikanischen Hacienda gehalten und es passt so etwas von gar nicht in die harmonische Art Deco Bebauung am Ocean Drive. Vor dieser monströsen Geschmacklosigkeit endete auch Versaces Leben, im Streit mit einem Strichjungen. Was für eine Kulisse, was für ein Abgang.
Little Havanna
In einem der Restaurants an der Calle Ocho in Little Havanna, nehme ich ein reichhaltiges Menü zu mir. Es ist nicht gerade das, was ich als gesundes Essen bezeichnen würde. Nicht umsonst sind die Ladies hier etwas üppiger, allemal schmeckt es hervorragend. Zur Verdauung gehe ich ein gutes Stück weiter entlang der SW 8th Street. Es ist das Zentrum der kubanischen Exilbevölkerung. Das sieht man an ein paar Zigarrenläden und ein zwei Mojito Bars. Ansonsten ist es die übliche Mischung aus Gebrauchtwagenplätzen, Pfandleihern und Supermärkten. Nach der Lebensfreude, die ich in Südamerika erlebt habe finde ich es ziemlich enttäuschend.
Meinen 40. Geburtstag hatte ich im Loews Hotel gefeiert, ich kam damals öfter nach Miami und fand es großartig.
Am Ende dieser Reise um die Welt hatte ich einfach keine Lust mehr auf noch ein weiteres Luxushotel, doch das ist ein Miami definitiv ein Fehler. Hier läßt du dich entweder auf die Show der Oberflächlichkeiten ein und wirfst dein Geld mit vollen Händen zum Fenster hinaus, oder du fühlst dich verloren und gelangweilt. Zur Abwechslung finde ich das allerdings auch nicht weiter schlimm.
Grenzen der Auto-Mobilität
Die USA waren das Mutterland individueller Mobilität und es erscheint mir so, als würde diese nun hier ihre Grenzen erreichen. In Miami ist es dank geringerer Bevölkerungsdichte noch nicht so weit gekommen, wie an der kalifornischen Westküste. Doch gefühlt stehe ich auch hier viel zu oft im Stau.
Am Ziel angekommen, fällt es dann wieder schwer das Auto abzustellen. Der öffentliche Parkraum ist durchgängig mit Parkuhren reguliert und nicht gerade günstig. Private Parkplätze noch viel teurer, einzige kostenlose Alternative sind die Parkflächen von Einkaufszentren und großen Restaurants. Daher wundert es mich nicht, dass UBER in den Ballungsräumen der USA einen derartigen Erfolg hat.
Deshalb werde ich mir bei meinem nächsten Aufenthalt auch keinen Mietwagen mehr antun. Mein Traum vom Cabriofahren in Florida ist sowieso schon lange ausgeträumt. Im Stand brennt die Sonne nämlich schon im Februar derart gnadenlos, dass ich das Verdeck gern wieder schließe.
Smooth Business
Endlich, nach ein paar Tagen Warten ist auch die Steuernummer für meine neue Firma vorhanden und ich kann bei der Bank vorsprechen. Die Kontoeröffnung bei einer der großen Banken (ich halte dort seit über 20 Jahren ein Aktiendepot) ist ein rundum positives Erlebnis. Ich muss lediglich Pass und Führerschein vorzeigen, einen Stapel Formulare unterschreiben und 100 Dollar in bar einzahlen. Das wars dann auch schon, ich bekomme sogar sofort eine giftgrüne Kreditkarte ausgehändigt.
Sogar mein Parkproblem ist für mich am Ende günstig ausgegangen.
Wer brav für jede Stunde $3 in die Parkuhr wirft, denkt nämlich viel zu europäisch. Dank kommunaler Überwachungsdienste bleibt bei uns in der Alten Welt auch kein noch so kurzer Verstoß ungeahndet.
Dagegen heißt es in Miami “if ever”! Es gibt augenscheinlich noch immer nicht genug Einwanderer, um die vielen Parkzonen zu kontrollieren. Dank des herrlich pragmatischen Tipps der Hotelrezeption habe ich vier Tage lang rotzfrech vor der Haustür geparkt und dafür genau ein Ticket kassiert. Das macht $18 statt $144 an der Parkuhr oder $176 für den Parkservice. Den Strafzettel konnte ich zudem binnen zwei Minuten online bezahlen, mit American Express.
Doch, wie schon gesagt, wenn ich das nächste mal hier herkomme fahre ich nur noch UBER und buche mir dafür eine Suite in einem der feinen Hotels direkt am Strand.
In Miami sparsam sein zu wollen macht einfach keinen Spaß.