Melbourne – die Perle Down Under
Eigentlich wollte ich nie nach Australien reisen, es erschien mir viel zu weit entfernt und obendrein voller tödlicher Gefahren. Bis mir ein lieber Freund von Melbourne vorgeschwärmt hat. Von der einzigartigen Lebensqualität welche die Stadt bietet und von den fantastischen Möglichkeiten dort als Investor einzuwandern.
Nun, bei einer Reise rund um die Welt liegt sogar Australien irgendwie auf dem Weg und so habe ich den eigentlich geplanten Besuch der Neuseeländischen Weingüter auf irgendwann später einmal verschoben und bin gestern in Melbourne angekommen.
Mit hohen Erwartungen, denn Melbourne wurde zur “lebenswertesten Stadt der Welt” gekürt. Auf den ersten Blick scheint sich das zu bestätigen. Sehr gepflegt und seine Mischung aus englischem Viktorianismus und tropischer Vegetation ist wirklich charmant.
Im Gegensatz zu vielen Städten der sogenannten Neuen Welt hat Melbourne ein richtiges Zentrum. Mit einer neugotischen Kathedrale, einem Bahnhof und rechtwinklig angeordneten Einkaufsstraßen rundherum.
Zwischen den Haupstraßen verlaufen die Lanes, früher einmal Zugänge für Lieferanten, dann später zum Teil überdacht und zu Einkaufsgalerien herangewachsen, wie ich sie aus London und Brüssel kenne. In den Lanes spielt sich auch ein großer Teil der gastronomischen Szene ab. Angeblich gibt es nirgend so viele Cafés wie hier.
Als Europäer fühle ich mich sofort irgendwie heimisch. Nach Bankgok und Singapore erscheint Melbourne beschaulich und trotz seiner viktorianischen Architektur, mit viel rotem Backstein, irgendwie mediterran. Das liegt natürlich am Klima, hier kann man draußen leben.
Moderne Mischung
Nach den Wochen im bunten Südostasien merke ich schon auf meinen ersten Metern in der Innenstadt, dass ich hier wieder in der ersten Welt gelandet bin. Toleranz und Vielfalt gibt es eigentlich überall, plakative Politische Korrektheit jedoch anscheinend erst ab einer bestimmten Höhe der Brutto Inlandsprodukts.
Irgendwie scheint es mir so zu sein, als würde die Intellektuellenkaste der Industrienationen das kollektive schlechte Gewissen der Welt stellen. Überall mit den gleichen Konsequenzen. Schon auf der Fahrt vom Flughafen ins Zentrum empört sich mein indischer Taxifahrer darüber, dass auch in Australien Flüchtlingsfamilien mehr Hilfe vom Staat erhalten würden, als er mit seiner Arbeit verdient. Die Geschichte habe ich schon öfter gehört.
Liegt es daran, dass ich auf der Straße keine lachenden Gesichter sehe? In Melbourne machen die Passanten einen ähnlich gehetzten Eindruck wie in Berlin oder London. Dabei sind doch jedem Einzelnen von ihnen die Versorgung durch den Sozialstaat und alle bürgerlichen Freiheiten garantiert.
South Melbourne ist hip
Ich habe ein Apartment im Südlichen Teil Melbournes bezogen. Von dort aus, weiter in Richtung Ozean erstreckt sich ein Viertel mit einer Mischung aus Lagerhallen, Gewerbebauten und zweigeschossigen Häusern aus der zweiten Hälfte des 19 Jahrhunderts stammen. Sein Charme ergibt sich, wie an so vielen hippen Orten aus dem Kontrast zwischen Verfall und Neubeginn. Graffitti und Obdachlose sind in gleicher Weise wie Minis und Weinhandlungen Indikatoren für den Prozess der Gentrifizierung der auch hier stattfindet.
Zuerst kommen die Hipster mit ihren Barbershops und Fahrradgeschäften, Weinhandlungen, Werbeagenturen und Yogastudios. Dann wird die Gegend unbezahlbar.
Billig ist es jetzt schon nicht hier ansässig zu werden, für ein viktorianisches Häuschen mit etwa 120 Quadratmetern Fläche werden über 1 Million AUD verlangt, gut über 600.000 Euro. Auf der Bay Street, die zum Ozean führt, finden sich eine Vielzahl schicker Läden und Restaurants mit mediterraner Küche. Italiener, Spanier und viele Griechen konkurrieren mit Thai und Indern. Ich bleibe bei den Asiaten. Links und rechts der Hauptstrasse erstrecken sich ruhige Wohnviertel, die mich sehr an Venice Beach in Kalifornien erinnern. South Melbourne hat den gleichen gepflegten Hippie Chic.
Fitzroy ist auch hip…
Vielleicht ist Fitzroy sogar noch hipper als South Melbourne. In diesem Viertel nördlich des Stadtkerns finden sich noch Tattoostudios, Second Hand Läden und Kollektivcafés in charmant vergammelten Häusern aus dem späten 19 Jahrhundert. Es wirkt wie eine Kreuzung aus Totthenham und Kreuzberg. Britische Architektur und Alternativkultur auf Berliner Art.