Ich habe genug – Ein Jahr Konsumverzicht

Ab heute kaufe ich nichts mehr

Heute ist Halloween und ich sehe überall Müll. Noch mag es für euch „Deko“ oder „Verkleidung“ sein, doch schon morgen wird es jeder als das ansehen, was es ist: Müll!

Für mich ein guter Anlass, wieder einmal ein Jahr lang nichts mehr zu kaufen. Jedenfalls nichts, was sich nicht verbrauchen läßt.

Essen und Trinken sind lebensnotwendig, Duschgel und Waschmittel nicht unbedingt, doch sehr sinnvoll. Ein neues Hemd, ein paar Kopfhörer oder gar dekorativer Firlefanz für die Wohnung? Alles, was Schränke und Schubladen füllt und nicht täglich benötigt wird? Das ist überflüssig!

Konsumverzicht ist daher das falsche Wort für meine Praxis. Im Gegenteil, ich kaufe ein Jahr lang nur noch Dinge, die sich wirklich konsumieren lassen.

Bewusst konsumieren

Ich habe dieses Experiment schon vor zwei Jahren einmal durchgeführt und im ganzen Jahr 2017 nur drei Dinge gekauft:

1.) Es war ein extrem heißer Sommer und ich hatte keine Klimaanlage in der Wohnung. Um nachts überhaupt schlafen zu können, habe ich mir einen Ventilator für €69 erlaubt.

2.) Wenige Tage später, riss der Riemen an meinem rechten Flip-Flop. Wir waren gerade vom Boot aus zum Einkaufen an Land gegangen und ich hüpfte wie ein Storch über den heißen Asphalt. Weil ich keinen gleichwertigen Ersatz finden konnte, beendete ich den Törn dennoch barfuß. Erst zurück in Palma gab es ein paar neue Havaianas. Es wäre mir nicht eingefallen, als “Zwischenlösung” ein paar billige Sandaletten vom Chinesen zu kaufen.

3.) Kurz vor der Zielgeraden, im November, folgte dann der einzige wirkliche Sündenfall. Ich kaufte mir das neue iPhone X! Eine Reise stand bevor und die neue Kamera versprach all meine fotografischen Aufgaben erledigen zu können. Also her damit.

Allzu schuldig fühlte ich mich nicht, denn im Sommer hatte ich eine ebenso sündteure wie nutzlose Leica Digitalkamera verkauft und den Erlös in Bitcoin gesteckt. Mein gutes altes iPhone 7 ging an meinen Sohn und der benutzt es noch heute. Er fotografiert nämlich analog mit der Leica seines Großvaters.

Es geht mir nicht ums Geld

Bei vielen ähnlichen Versuchen geht es darum, mit möglichst wenig, oder gar keinen finanziellen Mitteln auszukommen. Ich habe genug Geld und das ist gut so.

Meine Entscheidung, auf Spontankäufe zu verzichten ist ganz freiwillig und nicht etwa aus der Not geboren. Deswegen habe ich auch nicht vor, in einen Bauwagen umzuziehen, mir mein Fleisch selbst schießen zu wollen, oder sonstige Entbehrungen zu auf mich zu nehmen.

Unsere Konsumkultur läuft in großen Teilen über Belohnung, zum Beispiel eine Flasche Wein kaufen oder in den Urlaub fahren

Hans-Georg Häusel, Neuro Marketing Experte In der WELT

Selbstbestimmung statt Zwang

Diese Aussage ist leider nur zu wahr. Viele von uns stehen unter Dauerstress und verbringen ihr Leben mit Dingen, die sie lieber nicht tun würden. Dafür gibt es Geld, doch Geld ist für sich gesehen nichts wert. Die Belohnung bekomme ich erst dann, wenn ich dieses Geld gegen Dinge tausche.

Daher möchte ich, ein klares Bewusstsein für mein Verhalten entwickeln. Nur zu gut kenne ich jene Tage, an denen ich mich irgendwie unwohl und verloren fühle und dann versuche, meine Stimmung durch einen Kauf zu verbessern. Nur, um mich kurz darauf tierisch darüber zu ärgern, dass ich 700 Euro für einen blöden Gürtel ausgegeben habe.

Macht es nicht viel mehr Sinn, an den Ursachen dieser Stimmungen zu arbeiten? Die werde ich um so leichter erkennen können, wenn ich meine Impulsen widerstehe.

Der einzig wahre Konsum

Statt mich für Entbehrungen belohnen zu müssen, sollte ich lieber gleich gut für mich sorgen. Was eignet sich besser dazu als gute Ernährung? Auf dem Markt darf ich überlegen, auswählen und einkaufen, um daraus köstliche und gesunde Gerichte zu bereiten. Daheim essen, statt im Restaurant spart obendrein nicht nur Geld, sondern auch Pfunde. Portionen und Versuchung sind außer Haus fast immer zu groß.

Dann geht es noch darum, meinen Körper durch gezielte Bewegung in Form zu halten und mehr Zeit mit lieben Menschen zu verbringen. Auch dafür muss ich nichts kaufen, außer den einen oder anderen Espresso oder ein Glas Wein. Das gönne ich mir.

Natürlich würde ich auch die Dinge ersetzen, die im Laufe des Jahres den Geist aufgeben. Ganz so, wie die Flip Flops.

Ich werde hier ab und an über Verlauf meines Experiments berichten. Natürlich werdet ihr über facebook live davon erfahren, falls ich schwach werden sollte. Ich bitte sogar ausdrücklich darum, mich dann mit Spott und Häme zu überziehen.

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