Fliegen in der Norwegian Premium Class
Von Madrid nach Bangkok in der Business Class, oneway für ganze 640 Euro!
Das ist schon ein Wort, der gleiche Flug mit Lufthansa/Thai Airways hätte mein minimalistisches Budget mit rund 900 Euro mehr belastet. Nach einigem Hin und Her und einem bisschen Recherche im Internet, konnte ich nicht widerstehen und habe gebucht.
Der Flug nach Bangkok startet in Stockholm, was soll’s? Ob ich nun von Madrid aus zuerst nach Frankfurt fliege, oder zwei Stunden länger nach Schweden, ist ein Zugeständnis an den Preis.
Der Zubringer war auch wirklich angenehm, vor allem dank der Internet Verbindung an Bord. Norwegian ist eine der wenigen Airlines, die kostenloses WiFi anbieten.
In der Norwegian IKEA Lounge
Etwas Ernüchterung stellt sich beim Betreten der Lounge in Stockholm ein. Immerhin wären hier fast 3 Stunden zu verbringen. Leider spart Norwegian Airlines auch an der Heizung. Von wegen schwedische Gemütlichkeit, es ist ziemlich frisch hier drinnen. Rein physisch und optisch sowieso.
Einen Sechskantschlüssel gab es zwar nicht zum Speiseangebot, doch statt dessen ganz ernsthaft Instant Ramen im Styroporbecher und Minestrone aus der Tüte zum Aufgießen. Die unvermeidlichen Fleischklopse waren ganz passabel, der Pasta Salat furchtbar trocken und das Grünzeug daneben habe ich erst gar nicht probiert.
An Bord in der Premium Class
Einer der Gründe, warum ich mich trotz meiner anfänglichen Skepsis für Norwegian entschieden habe, war die Tatsache, dass auf sie auf Langstreckenflügen neue Boeing 787 “Dreamliner” einsetzen. Im Frühjahr hatte ich diesen Typ bei Qatar Airlines kennengelernt und spektakulär gut gefunden.
Leider gab es beim Boarding keine separate Schlange für die “Premium Class”, so dass ich mir einige böse Blicke und “hinten anstellen!” Rufe eingefangen habe. Ich habe ein dickes Fell, doch mich für Privilegien rechtfertigen zu müssen macht keinen Spaß.
Der Flieger mag brandneu sein, doch die Bestuhlung macht auf Anhieb nicht diesen Eindruck. Vor 20 Jahren sah es in der Business Class so aus, heute darf man mehr erwarten.
Weit entfernt ist das von den “Lie-flat Sitzen” der Konkurrenz. Für meine eher kurzen Beine geht es gerade noch, viel schlimmer ist allerdings die viel zu stark begrenzte Rückenneige. Hinzu kommt, dass die Sitze nicht elektrisch verstellbar sind und die Fußstütze sehr schwer auszufahren ist.
Nix für Gourmets, die Norwegian Premium Bordverpflegung
Das Design der schwarzen Dinnerbox ist noch recht cool, beim Aufklappen gibt sie jedoch den Blick auf eine Packung mit Aludeckel frei, die mich stark an die Notrationen der Bundeswehr erinnert.
Sorgfältig versteckt in einer ebenfalls elegant schwarzen Papierhülle findet sich ein durchsichtiges Plastikbesteck, wie man es von der Currywurstbude auf der Kirmes kennt.
Es war dunkel im Flieger, bitte entschuldigt die miese Bildqualität. Sie wird jedoch dem Inhalt der Plastikbox gerecht. Schärfer möchte diese Gemeinheit niemand sehen, geschweige denn essen. Bordverpflegung ist selten ein Highlight, doch das hier setzt einen neuen Tiefpunkt.
Zu allem Überfluss schwappte die fette Tunke des “Hühnchens” beim Öffnen über den Rand der Plastikschale und ergoss sich über meine Hose. Das freundliche Bordpersonal gab mir zur Behebung des Malheurs eine Reihe von Tüchern in Folienbeuteln zum Aufreißen. Leider mochte das mit meinen fettigen Fingern nicht so recht klappen….
Schlaflos über den Wolken mit Norwegian Premium
Zum Trost wollte ich mir einen Whisky gönnen, doch seit dem 01.12. 2018 sind alle Spirituosen bei Norwegian kostenpflichtig.
Kein Problem, allerdings nimmt das Personal weder Geld noch Kreditkarten entgegen. Zum Bestellen von “Extras” (dazu gehören auch Sandwiches) muss der Monitor des Unterhaltungssystems aus der Versenkung zwischen den Sitzen gefischt werden, damit man zwischen (veralteten) Filmen und (wenig) Musik den Online Shop für den Bordservice finden kann.
Dort werde ich nach einigem Suchen fündig und bestelle mir einen Jack Daniels für $6,50. Kreditkarte durch den Schlitz am unteren Rand des Displays durchziehen (ohne Taschenlampe unmöglich) und warten… Irgendwann kommt tatsächlich der Steward und bringt das Gewünschte. Natürlich in einem Plastikbecher.
Mein Nachbar, kein online Unternehmer, war von diesem Prozedere komplett überfordert, ich habe ihm gerne geholfen. Denn der Flugbegleiter hatte weder Zeit noch ausreichende Sprachkenntnisse dafür.
Obwohl ich inzwischen sehr müde bin, gelingt es mir nicht zu schlafen. Ich suche eine bequeme Haltung, doch es gibt sie einfach nicht. Der Neigungswinkel der Rückenlehne ist nur unbedeutend größer als jener in den “Holzklassen”, viele Meilen weit entfernt von Komfort. In solchen Sitzen wird jeder Flug elend lang.
Meinen Nachbarn geht es offensichtlich nicht besser, die ganze Nacht über herrscht Unruhe in der Kabine. Leselichter und helle Monitore stören zusätzlich. Dafür läßt ein Wackelkontakt in der Stromversorgung läßt mein MacBook viel zu früh dunkel werden. Nicht so schlimm, denn Internet gab es auch keines, das bietet Norwegian nur auf denn Kurzstrecken an. Macht Sinn, oder?
Geiz ist nicht geil. Nie wieder Norwegian!
Fazit: Wir sind sicher und pünktlich angekommen. Das ist gut, doch auch schon alles. Ansonsten war das Erlebnis rundum enttäuschend.
Während ich diesen Artikel schreibe plagt mich noch immer ein heftiger Jetlag. Auch am zweiten Tag nach dem Flug ist an konzentrierte Tätigkeiten nicht zu denken. Genau das ist es aber, weswegen sich viele dafür entscheiden einen Flug in der Business Class zu buchen.
Die gebotene Leistung war sogar für den niedrigen Preis inakzeptabel. Für noch weniger Geld bieten Airlines wie Emirates oder Qatar in der Economy gleichen Komfort bei erheblich besserem Serviceangebot.
Bezeichnend: die Follow-up E-Mail von Norwegian enthielt keine der üblichen Umfragen zur Zufriedenheit, sondern lediglich Werbung für Sonderangebote. Wahrscheinlich wissen die Marketer bei Norwegian ganz genau wie dürftig ihr Angebot ist.