Sind Uhren eine gute Geldanlage?
Das ist eine uralte Streitfrage
“Uhren als gute Geldanlage? Natürlich sind sie das nicht! Kaufe was dir gefällt und schiele niemals auf die Wertsteigerung”
Jeder ernsthafte Uhrensammler wird dir, wie aus der Pistole geschossen, genau diese Antwort geben.
Und dennoch freut sich jeder dieser Herren (Damen sind in unseren Kreisen stark unterrepräsentiert) über den astronomischen Wertzuwachs seiner Sammlung. Ist es also doch etwas Wahres daran?
Ich beleuchte in diesem Artikel verschiedene Aspekte, die darüber entscheiden, ob du als Gewinner vom Tisch aufstehst, oder die Zeche der anderen zahlst.
Hier liegen € 1.000.000 auf dem Tisch!
Dieses Bild ist 2003 in einem Restaurant auf Mallorca entstanden, Handykameras waren damals noch nicht besonders gut. Doch trotz der schlechten Qualität lassen sich die Uhren der Marke Rolex erkennen und sie tragen Spitznamen wie: “James Bond”, “Paul Newman”, “Milsub” oder “Double Red”.
Damals war diese illustre Versammlung rund €80.000 wert, heute wäre dafür mehr als das Zehnfache zu bezahlen. Die rasante Wertentwicklung der vergangenen Jahre hat selbst uns Uhrensammler völlig überrascht.
Ob du gewinnst oder verlierst, hängt ganz davon ab, wann du welche Uhr kaufst. Es ist eben eine Spekulation und keine Anlage.
Keine Geldanlage, sondern schöne Spekulation
Trotz der spektakulären Wertsteigerung einiger, weniger, Modelle sind Uhren unter einer Reihe von Gesichtspunkten kein geeignetes Anlageinstrument:
- Es ist unmöglich, Wertentwicklungen seriös vorauszusagen
- Uhren werfen keine Rendite ab, Gewinne sind nur durch Veräußerung zu realisieren.
- Schlechte Liquidität: Wer schnell Geld braucht, muss mit hohen Abschlägen rechnen.
- Enorm hohe Transaktionskosten beim Verkauf über Händler und Internet-Plattformen
- Hohes Verlustrisiko oder hohe Lagerkosten
- Bei längerer Haltedauer können erhebliche Wartungskosten anfallen
Selbst wenn alles gut geht und die jährliche Wertsteigerung deiner Uhren größer ist, als die Summe von Kaufkraftverlust und Haltekosten, können die hohen Provisionen und Abschläge von Handelsplattformen den Gewinn bei einem Verkauf aufzehren.
Natürlich gibt es Ausnahmen, wie die oben gezeigten.
Ausnahme #1: Rolex “Sport-Modelle”
Daytona, Submariner und GMT-Master. Das ist die Heilige Dreifaltigkeit des Rolex-Sammlers und wenn wir von sensationellen Wertsteigerungen sprechen, betreffen sie jene Modelle.
Das obige Exemplar einer “Pepsi-GMT” habe ich im Jahr 2004 für 2.000€ gekauft. Der heutige Marktpreis der Uhr liegt bei etwa €10.000. Wenn ich einen Käufer finde und die Transaktion selbst abwickle. Mein Händler in München würde mir etwa €8.000 dafür bezahlen.
Damals hätte ich auch 6 Feinunzen Gold für das gleiche Geld bekommen. Zum heutigen Tageskurs wären diese ebenfalls rund €8.000 wert.
In 47 Amazon-Aktien angelegt, wären aus den €2.000 allerdings €76.190 geworden. Und die könnte ich mit wenigen Mausklicks realisieren. Nicht jede Aktie entwickelt sich wie Apple oder Amazon. Und nicht jede Uhr erreicht die astronomischen Preise von “Paul Newman” Daytonas. Die beiden unten links im Gruppenfoto, sind allein etwa €500.000 wert. Sie waren schon damals mit je €30.000 die teuersten Stücke.
Das voraussehen zu wollen, ist reine Spekulation. Deswegen solltest du den Rat befolgen und nur Modelle kaufen, die dir gefallen. Wenn es dann nichts wird mit der Wertentwicklung, hast du wenigstens Freude an den Uhren.
Was sind die nächsten Highlights?
Genauso wenig läßt sich voraussehen, wie die Wertentwicklung der Vintage Modelle weiter verläuft.
Persönlich würde ich keine Amazon Aktien zum aktuellen Kurs kaufen. Ebenso würde ich mich nicht wohl dabei fühlen, €10.000 für eine “Pepsi-GMT” hinzulegen. Genauso gut könnte sich ihr Preis allerdings auch noch einmal verzehnfachen, wie wir es bei den Military und James Bond Submariner erlebt haben. In fünf Jahren sind wir schlauer…
Im Windschatten der explosiven Preisentwicklung von Rolex Uhren konnten andere, bisher eher weniger bekannte Marken, ebenfalls stark an Wert zulegen. Hatten meine Münchner Händler noch vor ein paar Jahren etwas spitz bemerkt, dass sie “keine Omega Uhren ankaufen”, findet sich jetzt eine Speedmaster für €30.000 in ihrem Angebot. Bestimmte Modelle von TAG Heuer, Breitling und Chronographen von Universal Genève gehen mittlerweile ebenfalls für fünfstellige Beträge über den Tisch.
Vorsicht Fälschung!
In den Vintage Markt einsteigen zu wollen, setzt profunde Marktkenntnisse, sowie eine echte Passion für das Thema voraus. Bei aller Sachkenntnis bleibt doch noch ein relativ hohes Risiko, Gaunern auf den Leim zu gehen.
Die oben abgebildete Rolex Day Date habe ich von einem Händler gekauft, der damals in Internet Foren als anerkannter Experte galt. Es handelt sich dabei um ein sehr frühes und damit extrem seltenes Exemplar. Natürlich war mir aufgefallen, dass auf dem Zifferblatt der Schriftzug “Superlative Chronometer – Officially Certified” fehlt. Meine diesbezüglichen Bedenken tat der Verkäufer allerdings mit dem Hinweis ab, dass es eben ein extrem frühes Exemplar ohne den Schriftzug sei. Ich vertraute dieser Aussage.
Später stellte sich heraus, dass es sich um ein nachträglich, nicht sehr fachmännisch, aufgefrischtes Zifferblatt handelte. Damit war die Uhr nicht Original und bei weitem nicht das Geld wert, das ich dafür hingelegt habe. Insgesamt habe ich dann trotz der Gaunerei keinen Verlust gemacht. Es hat nur ein paar Jahre gedauert, bis das Teil doch noch seinen Preis wert war.
Endgültig bin ich an dem Punkt aus der Vintage Szene ausgestiegen, als ein kleines rotes Dreieck auf der Lünette einer alten Submariner eine Preisdifferenz von €30.000 bedeuten konnte. Das Zifferblatt einer alten Daytona aus den 1970er Jahren entscheidet inzwischen darüber, ob eine Uhr 70.000€ oder 250.000€ wert ist. Natürlich gibt es solche Teile bei spezialisierten Shops in China für wenig Geld zu kaufen.
Wie bei jeder Spekulation, sollte man nur so viel riskieren, wie man zu verlieren bereit ist. Für mein Portfolio sind die Dimensionen einfach zu groß geworden.
Nicht jeder kann der Versuchung widerstehen und sogar renommierte Auktionshäuser sollen schon auf die eine oder andere Fälschung hereingefallen sein. Oder haben sie einfach nur den Mund gehalten, um 30 Prozent Aufgeld kassieren zu können?
Wem kann man da überhaupt noch vertrauen? Mich verbindet seit über 20 Jahren ein solches Vertrauensverhältnis mit der Münchner Firma Bachmann & Scher. Die hat nicht nur ein mittlerweile beeindruckendes Angebot seltener Uhren. Die beiden Inhaber sind im Laufe der Jahre zu Freunden geworden und haben mir gar manches begehrenswerte Stück verkauft. Auch wenn es Zeit wurde, sich wieder davon zu trennen, buchte ich fast immer einen Flug nach München. „Es muss ein bißchen weh tun, sonst stimmt der Preis nicht“. Trotz dieser Verhandlungspolitik war ich letztlich doch immer zufrieden. Warum sollte man seinen Freunden keinen Profit gönnen?
Neu gekauft: 54% Wertsteigerung in 9 Jahren
Wem der Vintage Markt zu unübersichtlich ist, kannst du jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit damit rechnen, dass gefragte Modelle von Rolex, Patek Philippe und Audemars Piguet über die Jahre automatisch im Wert steigen werden.
Für diese Rolex Milgauss habe ich 2010 €4.000 gezahlt. Würde ich sie heute verkaufen wollen, läge der Marktpreis bei etwa €6.200. (Quelle: Chrono24) Beim Rolex- Konzessionär sind €7.550 für diese Uhr fällig. Wenn sie denn sofort lieferbar wäre.
6 Prozent Wertzuwachs pro Jahr sind in Zeiten von Nullzinsen nicht gerade schlecht. Außerdem hatte ich natürlich viel Freude beim Tragen.
Überdies ist eine Milgauss kein besonders gefragtes Modell. Für das gleiche Geld hätte ich damals auch eine Rolex Submariner kaufen können und deren Wert hätte sich gut und gerne verdoppelt:
Wenn der Ladenpreis weit unter dem Marktwert liegt…
Dann liegt das an der geradezu genialen Marketingstrategie von Rolex, Patek Philippe und Audemars Piguet. Diese Firmen produzieren, unabhängig von der Nachfrage, konstant ihre komplette Modellpalette nach einem bestimmten Schlüssel. Natürlich sind nicht alle Modelle gleich gefragt und so kommt es zu Engpässen bei den Rennern der Kollektion. Wer dennoch eines ergattern konnte, kann es auf dem grauen Markt mit zum Teil erheblichem Gewinn veräußern.
Schon die Frage nach einer solchen Uhr, wird in vielen Juweliergeschäften mit einem leicht genervten Augenaufschlag quittiert. Die Antwort lautet sowieso fast standarmäßig: “Nein!”. Freundlichere Händler schreiben sich wenigstens deinen Namen auf und setzen dich auf eine “Warteliste”. Trotzdem kannst du lange auf einen Anruf warten. Sehr lange…
Eine offizielle Warteliste gibt es nicht
Einziger Ausweg ist, sich eine gute und dauerhafte Kundenbeziehung zu einem Fachhändler aufzubauen. Diese beruht ausschließlich auf persönlicher Sympathie – und natürlich auch darauf, dass im Laufe der Zeit einige Uhren über den Ladentisch gehen.
Wenn die begehrte Rolex oder Patek Philippe nicht verfügbar ist, solltest du eventuell ein weniger gefragtes Modell in Betracht ziehen, oder auch eine Uhr einer anderen Marke. Wenn du der Frau an deiner Seite eine jener schwer verkäuflichen Damenuhren schenkst, steigst du ebenfalls in der Gunst deines Händlers.
Dein Händler wird sogar Verständnis dafür haben, dass du finanzielle Aspekte im Auge behältst. Diese sollten jedoch keinesfalls die einzige Motivation sein. Wenn du das schnelle Geld suchst, findest du es hier garantiert nicht. Und hoffe nicht darauf, deine Absichten verbergen zu können. Verkäufer sind gute Menschenkenner. Sie führen jeden Tag Dutzende Gespräche und merken sofort, wenn dich Uhren eigentlich nicht interessieren.
Eine nette Fachsimpelei bringt dich auch wesentlich weiter, als der Wink mit der Platinkarte. Die solltest du sowieso haben, doch es gibt immer Leute mit noch mehr Geld. Tennisstar Rafael Nadal und ein paar Barcelona Spieler sind Kunden bei meinem Händler in Palma. Es kommt immer wieder vor, dass der Emir von Sowieso mal eben ein Dutzend Uhren als Trinkgelder für die Crew seiner Megayacht braucht.
Kaufe, was Dir gefällt und schiele nicht auf die Wertsteigerung, ist auch hier die richtige Strategie. Ich finde sowohl die Rolex Daytona, als auch die Submariner mit dem giftgrünen Zifferblatt scheußlich. Meinen Händler bringe ich erst gar nicht in Verlegenheit, entscheiden zu müssen, ob er mir ein Exemplar verkauft. Um so höher steigt meine Chance, irgendwann eine Patek Philippe Nautilus zur Hälfte des Marktwerts zu bekommen.
Ich werde dann auch der Versuchung widerstehen, sie sofort zu Geld zu machen. Denn damit würde ich den jahrelang aufgebauten Status bei meinem Konzessionär auf einen Schlag verlieren und nie wieder eine jener begehrten Uhren bekommen. Nach einen Jahr Schamfrist sieht die Sache anders aus…
Geld ist zu verdienen, doch ist es kein schnelles Geld!
Genau das finde ich in unserer konsumorientierten Zeit wirklich charmant. Ein teurer mechanischer Zeitmesser ist sowieso völlig überflüssig, das iPad an dem ich diese Zeilen schreibe, ersetzt die komplizierteste Uhr.
Und doch ertappe ich mich immer wieder dabei, wie ich auf mein Handgelenk schiele. Leute, die mich nicht kennen, halten mich gar für unhöflich, weil ich alle zehn Minuten auf die Uhr schaue. Es ist nicht böse gemeint, ich weiß nämlich auch nach dem fünften Blick noch immer nicht wie spät es ist. Das interessiert mich auch gar nicht, ich liebe Uhren!
Sind Uhren nun eine gute Geldanlage? Auch das wäre mir gleichgültig, doch beruhigt es mein Gewissen ganz ungemein, dass ich noch keine Uhr mit Verlust verkauft habe. Ich habe ganz im Gegenteil ziemlich gute Gewinne gemacht. In Heller und Pfennig, doch vor allem in Lebensfreude. Uhren sind viel schöner als Aktien und bedeutend handlicher als Oldtimer.