iPad Pro 2018 statt Computer?
Kann das iPad Pro einen Computer ersetzen?
Die Apple Werbung verspricht mal wieder Quantensprünge. Tatsächlich versprechen einige der Neuerungen im neuen iPad Betriebssystem den Abstand zwischen Notebook und iPad komplett schrumpfen zu lassen. Kann ich mit dem iPad Pro 2018 wirklich so arbeiten, dass ich mein MacBook damit ersetzen kann?
Insbesondere die Möglichkeit endlich externe Laufwerke und Kameras anschliessen zu können, hat mich davon überzeugt, dass der Schritt nun getan ist.
So habe ich mir das Gerät gekauft, zuerst noch ohne Tastatur und Pencil. Für mich, als Vielreisenden, waren die kompakten Abmessungen und geringes Gewicht das wichtigste Argument
Klein und leicht ist es tatsächlich für seine 13“ Größe, ganze 630 Gramm bringt das Teil auf die Wage und ist mit 6 Millimetern sehr schön schlank. Das Display stellt extrem scharf und farbecht dar.
Helle Freude am Display
Auf dem iPad lesen und im Internet surfen ist eine im Wortsinn helle Freude. So manches gedruckte Buch ist unhandlicher. Filme wirken auf diesem Display lebensecht und zusammen mit einem noise cancelling Kopfhörer werden Flüge trotz schreiender Kleinkinder zum Kinoerlebnis.
Spaß macht das Teil definitiv, doch wie sieht es nun mit ernsthafter Arbeit aus?
Die native Apple Textverarbeitung Pages läuft auf dem iPad genau so wie auf dem MacBook. Allerdings begrenzt die Bildschirmtastatur den sichtbaren Text sehr stark, was übrigens für andere Anwendungen in gleicher Weise gilt. Mag es in der Textverarbeitung noch angehen, stört die Platzeinbuße bei einer Excel Tabelle noch viel mehr.
Damit war schon sehr bald eine weitere Ausgabe von 190€ für die Folio Tastatur fällig. Und die hat meinen rundum positiven Eindruck etwas verändert.
Sie passt zwar perfekt zum iPad und läßt sich durch einfaches Auflegen geradezu magisch mit dem Gerät verbinden. Auch erlaubt sie zwei Bildschirmpositionen, was insbesondere beim glotzen oder lesen im Bett fantastisch ist. Leider sind die Kanten so scharf geraten, dass sie sich unangenehm anfühlen. Ich fürchte direkt, mir damit irgendwann in den Finger zu schneiden.
Die Größe des Tastenfeldes entspricht exakt derjenigen auf dem MacBook, doch ein wesentlich geringerer Tastenhub und der weichere Druckpunkt lassen die Folio Tastatur insgesamt schwammig wirken. Ich vertippe mich damit noch öfter als sonst.
Damit nicht genug, wegen der fehlenden Beleuchtung läßt sich beispielsweise nachts im Flugzeug erst gar nicht tippen. Das ist vielleicht auch besser so, denn das deutliche Geräusch, das bei zügigen Schreiben vernehmbar wird, könnte empfindliche Nachbarn stören.
Mit der Tastatur wird das iPad obendrein auch noch so dick wie mein MacBook Pro und bringt über ein Kilo auf die Waage. Gerade mal noch 300 Gramm weniger als das ausgewachsene Notebook. Hier gibts auf jeden Fall keine Pluspunkte für Abmessungen und Gewicht.
Endlich: Externe Datenquellen auf dem iPad nutzen!
Wer sich ein iPad kauft, hat wohl bereits eine Apple ID und einen iCloud Account. Über die Cloud Dienste von Adobe und Apple läßt sich wirklich flüssig auf Daten zugreifen. Auch mit Dropbox und Microsoft versteht sich das Teil bestens.
Eine gute Internetverbindung vorausgesetzt, fühlt es sich an als wäre alles auf einer internen Festplatte gespeichert. Im Flugzeug, oder bei den Bandbreiten in der deutschen Provinz, habe ich auch schon mal die eine oder andere Datei vermisst. Das Foto konnte ich dann halt gerade mal nicht in den Artikel einfügen… Etwas ärgerlich, doch auch das Notebook hat keine unendlich große Festplatte.
Beim iPad habe ich mich übrigens für die Version mit 256GB Speicher entschieden, wovon noch immer 219,77 GB frei sind. Meine Daten halte ich tatsächlich in der Cloud, deswegen konnte ich am Speicherplatz sparen.
Doch seit der Einführung von iPad OS lassen sich auch externe Laufwerke anschließen und damit den Speicher beliebig erweitern.
Hier habe ich meine Kamera mit dem USB-C Anschluß verbunden und kann die Bilder in der Dateien App aufrufen. Über den Befehl “Teilen” lassen sich Dateien weiterleiten, oder mit den entsprechenden Apps bearbeiten. Genau so, wie auf meinem Computer kann ich nach dem letzten Update des iPad OS beliebige Speicherorte festlegen:
Damit lassen sich auf dem iPad bearbeitete Bilder und Dokumente endlich nach eigenen Vorstellungen ordnen und archivieren. Auch wenn das eigentlich selbstverständlich ist, hat sich Apple mit dieser Öffnung seines iOS Betriebssystems so lange Zeit gelassen, dass es jetzt als Sensation verkauft werden kann. Wir Apple-Jünger sind schließlich eine geduldige und treue Gemeinde.
Das iPad rückt mit der erweiterten Dateien App jedenfalls ein ganzes näher daran, einen Laptop ersetzen zu können.
E-Mail und Bloggen
Auch Apple Mail ist in der iPad Version ein ganzes Stück erwachsener geworden. Im Gegensatz zur mobilen Version lassen sich hier problemlos Anhänge einfügen. Sehr praktisch ist auch eine Funktion, mit der sich Dokumente mit Hilfe der Frontkamera direkt in eine Mail scannen lassen.
Wer sich auch noch einen Apple Pencil für ganze 135 Euro gegönnt hat, darf damit nach Herzenslust kritzeln, Skizzen anfertigen, oder gleich von Hand schreiben. Ich brauche es nicht, kann mir aber gut vorstellen, dass es eine sehr sinnvolle Erweiterung für kreative Köpfe ist.
Die Entwickler haben dem iPad ganze fünf Mikrofone gegönnt. Damit lassen sich nicht nur Videos mit echtem Stereoton aufnehmen, sondern es lässt sich auch viel besser Text diktieren als mit dem MacBook. Leider ist die Diktatfunktion nicht über einen Shortcut zu erreichen, sondern muss umständlich über die Bildschirmtastatur aktiviert werden. Hoffentlich wird das in einem der nächsten Updates behoben.
Die Apple Entwickler sind in dieser Hinsicht ohnehin recht fleißig und haben bereits einige Punkte verbessert, die mich in den ersten Wochen noch sehr gestört hatten.
Auch das Bloggen mit WordPress im Browser funktioniert inzwischen mit dem hauseigenen Safari zufriedenstellend. Das Update dieses Artikel ist auf dem iPad geschrieben, flüssig und ohne jedwedes Problem.
Die WordPress App konnte ich noch nicht testen, weil sie sich weigert mit meinem Webhosting zusammenzuarbeiten. Der Zugriff, den sie fordert stellt laut Aussage meines Hosters ein Sicherheitsrisiko dar.
Bildbearbeitung auf dem iPad Pro
Ob mein neues iPad Pro meinen Computer ersetzen kann, hängt für mich auch ganz entscheidend davon ab, wie sich Bilder darauf bearbeiten lassen. Ich verwende zur Korrektur und Archivierung Adobe Lightroom CC und für etwas weitergehende Bearbeitungen Photoshop Express und Photoshop Fix.
Diese Anwendungen machen auf dem iPad deutlich mehr Freude, als auf dem MacBook, was vor Allem daran liegt, dass sich mit dem Pencil viel feiner arbeiten läßt als mit dem Trackpad. Hier ist der Pinsel wirklich ein Pinsel.
Auch die Geschwindigkeit, mit der Änderungen angewendet werden ist verblüffend, fast habe ich den Eindruck, dass das Notebook langsamer ist. Allerdings konnte ich das Tempo noch nicht mit umfangreichen Auswahlen und Ebenen testen.
Endlich kam nun auch die schon 2018 angekündigte iPad Version von Photoshop CC auf das iPad. Bisher hatte ich noch nicht die Zeit, mich tiefer einzuarbeiten. Leider sieht der mobile Photoshop doch sehr anders aus. Viele Funktionen der Desktop Version fehlen auch ganz einfach. So lassen sich etwa Auswahlkanten nicht verfeinern und auch nach einer Funktion Bildgrößen und Auflösungen zu verändern, habe ich bisher vergeblich gesucht. Wie bei allem, werden auch hier Updates Schritt für Schritt den Umfang erweitern.
Fazit: Beides zu haben ist wirklich fein!
Noch kann das iPad Pro einen Computer nicht ersetzen. Noch nicht ganz, jedenfalls. Richtig Punkte sammelt es allerdings beim Display und mit dem Pencil.
Im Bereich Office Anwendungen und Mail liegt das iPad in etwa gleichauf mit dem älteren Gerät. Mit dem neuen Betriebssystem gibt es echtes Multitasking und man kann nach ein bisschen Übung zwischen den Anwendungen hin und her wischen.
Punktabzug gebe ich lediglich für die etwas lieblos ausgeführte Tastatur, welche zudem Volumen und Gesamtgewicht sehr in die Nähe eines vollwertigen Rechners bringt. Ganz besonders ärgerlich deswegen, weil ich nun beide Geräte mitschleppen muss.
Zum Lesen und Surfen möchte ich nämlich nicht mehr auf mein iPad Pro verzichten, für die Bearbeitung von Produktbildern und Videoschnitt brauche ich aber immer noch ein MacBook Pro.